Moderator Marcel Schenk trifft regelmäßig Schauspieler/innen vom Ensemble der ARD-Kultserie „Lindenstraße“ zum Gespräch. Folge 9: Cosima Viola als „Jaqueline Aichinger“.
Marcel Schenk: Hallo Cosima, schön, dass du dir Zeit für ein kleines Gespräch nimmst.
Cosima Viola: Hey Marcel, aber gerne doch.
Marcel Schenk: Es ist schwer, einen Fixpunkt zu benennen, ab dem man zum Urgestein einer Serie wird. Auf www.Lindenstrasse.de wird jede Woche eine Folge aus der Vergangenheit online gestellt: „Lindenstraße“ vor 15 Jahren. Wenn ich mir die älteren Episoden anschaue, stoße ich bereits auf „Jack“ als Bewohnerin der „Lindenstraße“.
Cosima Viola: Stimmt. Es sind inzwischen 17 Jahre.
Marcel Schenk: Du hast also mehr als die Hälfte deines bisherigen Lebens in und mit der „Lindenstraße“ verbracht. Wie fühlt sich das für dich an?
Cosima Viola: Es fühlt sich inzwischen normal an, und es ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Als Urgestein würde ich mich aber nicht bezeichnen wollen, bei über 30 Jahren sind da ja viele andere noch deutlich länger in ihren Rollen präsent. Ich merke aber aus Gesprächen mit vielen Fans, dass „Jack“ nicht mehr als neue Rolle eingestuft wird. Insofern bin ich noch kein Urgestein aber auch nicht mehr neu dabei.
Marcel Schenk: „Jack“ war in den Anfangsjahren sehr rebellisch. Warst du privat damals auch so, oder hast du dich am Set mal so richtig ausgetobt?
Cosima Viola: Ganz so wie „Jack“ war ich nicht. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass ich auch das Potenzial dazu gehabt hätte. In mir war schon immer ein sehr starker Sinn für Gerechtigkeit, und ich hatte immer eine starke, eigene Meinung. So sehr an die Grenzen gegangen, wie in der Serie, bin ich aber nicht. Meine Mutter sagte einmal, sie sei froh gewesen über meine entspannte Pubertät – vermutlich deshalb so entspannt, weil ich meine „wilde“ Seite in der Serie ausleben durfte.
Marcel Schenk: Du bist als Teenager in die „Lindenstraße“ eingestiegen. Hast du dir unter den etablierten Schauspielern Vorbilder zur Orientierung gesucht, oder war das für dich nicht wichtig?
Cosima Viola: Ich habe viel mit Ludwig Haas („Dr. Ludwig Dressler“) gedreht und mich von ihm inspirieren lassen. Er hatte auch immer Tipps für mich, letztlich sind der Charakter und die Entwicklung von „Jack“ aber ziemlich speziell, und somit musste ich mir den Weg, diese Rolle zu verkörpern, schon irgendwie selber aneignen. Wenn ich Hilfe brauchte, war aber immer jemand für mich da.
Marcel Schenk: Wirst du auf der Straße oft erkannt und von Fans angesprochen?
Cosima Viola: Ja, das passiert. Neulich war ich abends mit ein paar Freunden unterwegs, und als wir an einem Kiosk vor der Kasse standen, wurde ich von einem jungen Mann angesprochen: „Hey, du bist doch die aus der„Lindenstraße“. Meine Mutter guckt das immer…“ Wir sind dann kurz ins Gespräch gekommen und ich habe mir ein Getränk gekauft. Als ich einige Zeit später meine Pfandflasche zum Kiosk zurückbrachte, kam ein junges Mädchen auf mich zu und sagte: „Hey, du bist doch die aus der „Lindenstraße“. Ich gucke das immer mit meinen Eltern“…. Da dachte mir, das gibt es doch gar nicht. Fast die exakte Ansprache – zweimal so kurz hintereinander. In Berlin werde ich übrigens eher angesprochen als z.B. in Köln. In Städten kommen eher Leute auf mich zu, als in ländlichen Gebieten. Es freut mich aber immer, mit den ZuschauerInnen ins Gespräch zu kommen.
Marcel Schenk: Dein Name ist eigentlich ein perfekter Künstlername. Manche angehende Schauspielerinnen, die nun aber beispielsweise Erika Mustermann heißen, würden sich bestimmt wünschen, einen so wohlklingenden Namen zu haben. Hat der Name dir im Beruf schonmal helfen können?
Cosima Viola: Ich finde meinen Namen auch schön. Ob man so einen Namen nun aber braucht, um in einem künstlerischen Beruf arbeiten zu können? Ich denke, das ist nicht nötig. Es ist aber eine schöne Theorie, und ich teile diese auch gerne, dass ein eher außergewöhnlicher Name jemanden auch eher außergewöhnliche Interessen entwickeln lässt.
Marcel Schenk: Welchen Beruf wolltest du als Kind unbedingt erlernen?
Cosima Viola: Ich fand Pferde immer toll. Und Tiere allgemein sind auch heute noch ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, wie meine Hündin Wilma. Ich habe eine Ausbildung als Hundetrainerin absolviert und finde das Arbeiten mit Tieren wunderschön. Einen richtigen Traumberuf hatte ich als Kind aber nicht.
Marcel Schenk: Wie stehst du zur „Liebe am Arbeitsplatz“? Für viele Menschen ist das ja noch immer ein Tabuthema.
Cosima Viola: Dazu sage ich gar nichts! (lacht) Nein, Spaß. Ich sehe das nicht als Tabuthema. Es macht aber sicherlich einen Unterschied, wie oft man sich dann letztlich sieht. Ich habe in der „Lindenstraße“ keinen klassischen 8-Stunden-Job von Montag bis Freitag. Da geht so etwas. Wenn ich aber den Partner an jedem Werktag erst 8 Stunden auf der Arbeit und vorher wie nachher auch zuhause um mich habe, dann stelle ich mir Liebe am Arbeitsplatz eher kompliziert vor. Richtig schwer wird es dann, wenn man sich nicht mehr so gut versteht – aber auf der Arbeit immer in Sichtweite ist. Auf mich und meinen Partner konkret bezogen, und darauf zielt deine Frage ja ab, war sowohl Valentin (Valentin Schreyer spielte „Ben Hofer“) als auch mir relativ schnell klar, dass es keine kurzfristige Sache wird zwischen uns. Wir haben die Situation beide richtig eingeschätzt und sind glücklich miteinander.
Marcel Schenk: Du hast ein sehr entspanntes Verhältnis zu deinem Körper. Es gibt in der „Lindenstraße“ immer mal wieder, so wie das Leben eben spielt, Szenen mit wenig bis gar keiner Kleidung. Und du hattest 2016 eine große Titelstory in einem bekannten Männermagazin, das man nicht nur wegen der Interviews kauft…
Cosima Viola: Stimmt.
Marcel Schenk: Wie waren die Reaktionen darauf bei dir im Familienkreis?
Cosima Viola: Für mich war dieses Fotoshooting etwas Besonderes, es war eine Ehre. Die lustigste Reaktion innerhalb der Familie kam von meiner Oma. Sie ist 92, und ich habe ihr einfach den Playboy in die Hand gedrückt. Sie blätterte bis zu einem Foto, auf dem ich nichts trug – außer einer Mütze. Es war so eine Art Lokführermütze. Meine Oma blätterte also durch meine Fotostrecke, blieb bei eben diesem Bild hängen und sagte einfach nur: „Das ist aber eine schöne Mütze!“ – Und damit war das Thema für sie auch schon erledigt. Es gab in der Familie wirklich einheitlich positives Feedback auf das Playboy-Shooting und auch Bewunderung für den Mut, dies zu tun. Ich wollte aber auch ein Statement damit geben. Ein Zeichen, dass wir Frauen unseren Körper selbstbewusst und durchaus auch erotisch in Szene setzen lassen können, ohne damit etwas Verwerfliches zu tun.
Marcel Schenk: Welche der Geschichten rund um „Jack“ hat dir bisher am meisten Spaß gemacht vor der Kamera?
Cosima Viola: Da gibt es nicht die eine Szene. Mir hat bisher wirklich alles Spaß gemacht, was ich als „Jack“ erleben und darstellen durfte. Ich habe auch das Glück, dass meine Rolle wirklich immer so außergewöhnliche Dinge erlebt, da wird es nie langweilig. Jede Geschichte hatte bisher ihre eigene Schönheit und Herausforderung.
Marcel Schenk: Wie würdest du „Jack“ jemandem beschreiben, der die Rolle nicht kennt?
Cosima Viola: „Jack“ ist durch und durch idealistisch, sie hat ein starkes Selbstbewusstsein und Gerechtigkeitsempfinden. Ich würde „Jack“ auch als ethisch-moralisch beschreiben, denn sie weiß ziemlich genau, was richtig und wichtig ist – und hat ihre eigene Art dies auch umzusetzen. Kurzum: Sie hat das Herz am richtigen Fleck!
Marcel Schenk: Das möchte ich als Schlusssatz gerne so stehenlassen. Vielen Dank, liebe Cosima!
Cosima Viola: Danke dir für das Gespräch!
Rolle: „Jaqueline (‚Jack‘) Aichinger“
In der „Lindenstraße“ seit: Folge 808 (2001)
Cosima Viola wurde am 20. Juli 1988 in Bensberg bei Köln geboren. Sie besuchte das Gymnasium und machte 2008 ihr Abitur. Sie spielte im Schultheater und kam als Zwölfjährige zur „Lindenstraße“. Neben der „Lindenstraße“ stand Cosima Viola auch für andere TV-Produktionen vor der Kamera. 2014 schloss sie eine zweieinhalbjährige Ausbildung zur Hundetrainerin ab. Cosima Viola lebt in Köln und studiert Psychologie.
Folge uns bei Facebook Folge uns auf Twitter